„Die Frau soll zu Hause bleiben, den Haushalt machen und sich um die Kinder kümmern; der Mann fährt jeden Morgen (mit dem Auto) zur Arbeit.“ So oder ähnlich denken im Jahr 2023 noch Menschen auf der ganzen Welt; auch in Deutschland ist dieses Rollenklischee nach wie vor intakt. Bis vor rund 100 Jahren galt auch in diesem Land Radfahren bei Frauen als unweiblich, unanständig und ungesund. In manchen Kulturen, z.B. im Iran oder in Syrien ist es heute noch nicht gewünscht, dass Frauen in der Öffentlichkeit Rad fahren. In anderen Ländern ist es zwar nicht verboten, aber dennoch sind Frauen im Alltag kaum mit dem Rad unterwegs. Das fiel auch der Türkin Pinar Pinzuti auf und sie rief vor 10 Jahren zusammen mit Sema Gür in Izmir die Initiative des Fancy Women Bike Ride (FWBR) ins Leben.

Seitdem hat sich in den vergangenen Jahren durch das Engagement zahlreicher Frauen der FWBR zu einer weltweiten Bewegung entwickelt. 2022 beteiligten sich Frauen in 200 Städten und 30 Ländern, bisher noch hauptsächlich auf der Nordhalbkugel, aber auch Länder wie Brasilien und Botswana sind nun mit dabei.

Zum vierten Mal gehört auch Pforzheim zu den Städten, in denen am 17. September 2023 Frauen eingeladen sind, sich auf dem Fahrrad für selbstbestimmte Fortbewegung einzusetzen.

An diesem weltweit autofreien Sonntag treffen wir uns um 15 Uhr am Waisenhausplatz, um eine Flanierfahrt durch die Stadt zu machen.

Wir fordern eine sichere Fahrradinfrastruktur, die es allen Radfahrenden ermöglicht, sich ohne Angst in der Stadt fortzubewegen, egal wie alt sie sind, ob männlich oder weiblich, ob sie seit Jahrzehnten Fahrrad fahren oder erst seit wenigen Tagen. Bei der Critical Mass in Pforzheim, bei der noch immer Männer in der Mehrzahl sind, aber auch beim Weltmädchentag konnten wir feststellen, dass zahlreichen Mädchen und Frauen die Routine beim Fahrradfahren fehlt und dass sie oft gar kein eigenes Fahrrad besitzen.

Trotz des ernsten Hintergrundes wollen wir beim FWBR vor allem einen schönen Nachmittag zusammen verbringen und zeigen, dass Fahrrad fahren einfach Spaß macht! Zieht Eure liebste Kleidung an, egal ob Abendkleid oder Radlerhose und bringt eure Freundin, Schwester, Mutter, Kollegin oder Nachbarin mit. Wer möchte, kann sein Fahrrad schmücken. Männer können übrigens gerne am FWBR teilnehmen – allerdings nur in „fancy“ Kleidung und im Hintergrund. Wir freuen uns auf alle Mitradlerinnen!

Bilder vom letzten FWBR in Pforzheim findet ihr hier.

Der FWBR 2023 wird unterstützt von:

Zudem gibt es dieses Jahr finanzielle Unterstützer: Der Internationale Beirat Pforzheim, das Pforzheimer Gleichstellungsbüro und den Internationaler Bund (IB) Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e. V.

Die Initiative FWBR Pforzheim ist seit kurzem Unterzeichnerin des Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“.

Auch dieses Jahr ist der FWBR Teil der Interkulturellen Woche.

Am Samstag, 23.09.23 rollt die Kidical Mass wieder durch Pforzheims Straßen. Pünktlich zum Beginn des neuen Schuljahrs wollen wir darauf aufmerksam machen, dass insbesondere die kleinsten Verkehrsteilnehmer:innen ein zusammenhängendes Netz an baulich getrennten Fahrradwegen brauchen, damit sie sich auf dem Schulweg und in ihrer Freizeit sicher mit dem Fahrrad fortbewegen können. Daher haben wir für dieses Mal eine Route zusammengestellt, die an drei Grundschulen und 12 Kitas vorbei führt.

Start der Fahrradtour ist am 23.09.23 um 11 Uhr auf dem Waisenhausplatz.

Die Tour wird wieder von der Polizei begleitet und endet nach ca. fünf Kilometern diesmal auf dem Kindermarktplatzfest, wo Euch jede Menge Spiele und gute Musik erwarten.

Also schmückt Eure Fahrräder bunt und bringt Eure Freundinnen und Freunde mit! Macht im Vorfeld bitte fleißig Werbung, hängt dazu gerne das aktuelle Kidical Mass-Plakat auf oder verteilt den Flyer im Bekanntenkreis. Vielleicht schaffen wir es sogar, den Rekord der letzten Kidical Mass im Mai 2023 zu knacken?

Wie immer findet die Pforzheimer Kidical Mass im Rahmen der weltweiten Kidical Mass Aktionstage statt.

Am 10. Oktober überfuhr ein 73 jähriger Autofahrer einen 85 jährigen Radfahrer an einer frisch geschaffenen Gefahrenstelle (siehe Artikelfoto) in Salmbach. Wir veröffentlichen die Stellungnahme des ADFC:

Mit großer Bestürzung haben wir die Nachricht vom Tod des Radfahrers in Salmbach zur Kenntnis nehmen müssen. Seinen Hinterbliebenen gilt unser Mitgefühl.

Eines der Ziele des ADFC ist die Verbesserung der Verkehrssicherheit. Eine weitgehend ungefährliche, da unmarkierte Strecke, wo allen Verkehrsteilnehmern klar war, dass sie aufeinander achten müssen, wurde an der Unfallstelle durch einen kurzen Radfahrstreifen ersetzt, der im nirgendwo beginnt und im nirgendwo endet. Am Ende des Radfahrstreifens wo es zum Unfall kam, wurde ein verwirrender Pfeil (wohin eigentlich?) auf die Straße gemalt. Warnhinweis? Fehlanzeige. Wer hier „Schuld“ war, kann auch der Polizeisprecher nur vermuten. Aber ein 73 jähriger Autofahrer und ein 85 jähriger Radfahrer sollen in Sekundenbruchteilen richtig reagieren und so Todesfälle vermeiden. Ob dort Kinder sicher mit dem Fahrrad fahren können, ist zu bezweifeln. Weiterhin sorgt das Gefälle der Fahrbahn und das absehbare Ende des Ortes für ein beschleunigtes Fahren des Kraftverkehrs, der in der ganzen Ortsdurchfahrt mit 50 km/h fahren darf.  

Der nationale Radverkehrsplan verlangt eine fehlerverzeihende Radverkehrsinfrastruktur. In diesem Fall war nicht einmal für die Fehlervermeidung gesorgt. Gleichzeitig ist die Kommunikation behördlicherseits beschönigend: nein, da hat nicht ein Auto einen Radfahrer „berührt“. Eine Berührung führt in den meisten Fällen nicht zum Rettungshubschraubereinsatz. Und der Hinweis des Bürgermeisters auf einen fehlenden Helm schiebt die Verantwortung dem Radfahrer zu. Der ADFC empfiehlt zwar das Tragen eines Helmes; verpflichtend ist das aber nicht.

Wir sind in großer Sorge, dass sich diese Art von Unfällen wiederholen werden, wenn nicht von den Behörden verkehrssichernde Maßnahmen ergriffen werden, die den Schutz schwächerer Verkehrsteilnehmer höher bewerten, als die Leichtigkeit des motorisierten Verkehrs. Todesfallen, die zuschnappen, wenn Verkehrsteilnehmer erwartbare Fehler machen, dürften gar nicht erst eingerichtet werden. Die frisch geschaffene Gefahrenstelle sollte umgehend entschärft werden.

PM des ADFC e.V. KV Pforzheim-Enzkreis