Die Stadtverwaltung hatte mit dem Haushaltsplanentwurf 2022/2023 zunächst geplant, den Ansatz für Umsetzung von Massnahmen aus dem Radverkehrskonzept von 150.000 EUR (2021) auf 100.000 EUR (2022) zu reduzieren Das wäre weniger als 1 € pro Einwohner gewesen. Zum Vergleich: der ADFC taxiert einen auskömmlichen Haushaltsansatz mit 30 € / Einwohner. Im Vorfeld der Haushaltsberatungen sind ADFC und Critical Mass deshalb auf die Gemeinderatsfraktionen zugegangen und haben diesen Wege zur Verbesserung der Lebensqualität und Mobilität aufgezeigt. Nach Erhöhungsanträgen der SPD, der Linken und der Grünen hat dann die Verwaltung bei den Haushaltsberatungen einen Alternativvorschlag gemacht: 100.000 mehr für die Radverkehrsplanung und 300.000 für bauliche Maßnahmen. Dieser Vorschlag wurde mit Stimmen auch der CDU angenommen.

Rückblick: Das Ziel des Verkehrsentwicklungsplans 1990, den PKW Anteil im Mobilitätsmix bei 50% zu stabilisieren wurden eklatant verfehlt; in 2017 betrug der Autoanteil 61%. Gleichzeitig nahm das Verkehrschaos, bedingt durch ein zu hohes Kfz Aufkommen, immer weiter zu. In den letzten 8 Jahren ist in Sachen Radverkehrsinfrastruktur fast nichts passiert. Dabei hätte die Stadtverwaltung durchaus aktiv werden können.

Die Radverkehrsverhinderer können sich nicht einmal mehr auf das Argument „Wirtschaft gleich Auto“ stützen: 92% der Geschäftsleute, die Läden an der Zerrennerstraße betreiben, unterstützen die Initiative „Projekt Z“, welche eine Sperrung der Zerrennerstraße für den Durchgangsverkehr fordert. Die Bäckerei Pasler betreibt am Ebersteinplatz jetzt auch Außengastronomie. Autofreie Tage in der Dillsteinerstrasse sind regelmäßig ein lebendiges Highlight mit Straßenfestcharakter.

Um die Verkehrswende zu schaffen ist es erforderlich, dass am Radverkehr interessierte aber besorgte Menschen, die rund 50% der Verkehrsteilnehmer insgesamt ausmachen, sich im Straßenverkehr sicher fühlen („subjektives Sicherheitsgefühl“). Das kann nur funktionieren, wenn in der Innenstadt entweder Tempo 30 gilt oder aber Radelnde auf baulich getrennte Radwege ausweichen können.

„Eine Entscheidung gegen das subjektive Sicherheitsgefühl der Mehrheit der Bürger*innen ist eine Entscheidung gegen die Verkehrswende und eine Entscheidung für den Klimawandel.“ sagt die Critical Mass. „Im stehenden Verkehr verbraucht ein Auto so viel Platz wie zehn Fahrräder“, meint der ADFC.

Der Gemeinderat muss handeln! Critical Mass forderte daher:

  • ein Radverkehrsbudget von 5 € pro Einwohner (für das Auto wird das zehnfache ausgegeben)
  • eine(n) zusätzlichen Fuß- und Radverkehrsplaner/-in, ggfs. durch Stellenumwidmung
  • Tempo hoch beim Radwegebau!

Diese Forderungen teilt auch der ADFC und beschreibt zudem die kurzfristig erforderlichen Massnahmen:

  • Durchgängigkeit der Nord-Süd-Hauptachse
  • Eine verkehrsberuhigte Zone für die Dillsteiner Straße
  • Lückenschluss Liebeneck-Pflügerstrasse
  • Bedarfsampel an der Querung Enztalradweg / Altstädter Kirchenweg
  • Fahrradstreifen stadteinwärts auf der Fritz-Ungerer Strasse

Hier die Präsentationen von Critical Mass und ADFC für die Gemeinderatsfraktionen:

Wir freuen uns, dass wir mit dem Kompromissvorschlag der Verwaltung nunmehr einen Schritt weiter sind.

Unternehmer der Zerrennerstraße haben die Initiative „Projekt Z“ gestartet.

Die Geschäftsleute Sebahattin Davulcu,  Jürgen und Regina Jainta und Onur Yildiz haben anlässlich der Ideenwoche zur Zerrennerstraße (Bild: Auszug aus der Ideensammlung im Rahmen der Ideenwoche) eine Unternehmerinitiative zur Verbesserung der Attraktivität der zentralen Pforzheimer Innenstadt gegründet.

Offensichtlich sind auch fast alle anderen Unternehmer*innen an der Zerrennerstraße mit der aktuellen, unwirtlichen, durch Autos und Abgase geprägten Verkehrslage an der „Zertrennerstraße“ hochgradig unzufrieden. 92% der angefragten Geschäftsleute unterstützen des Projekt, so dass aus den 4 Unternehmer*innen binnen  kürzester Zeit 49 wurden.

Konkret fordern sie eine Schließung der Zerrennerstraße für den Durchgangsverkehr sowie Tempo 20 für jene Fahrzeuge, die davon ausgenommen sind. Fußgänger sollen grundsätzlich Vorrang bekommen. Außerdem will die Unternehmerinitiative Stellplätze für Behindertenfahrzeuge, E-Bikes und E-Scooter sowie eine massive Begrünung zur Verbesserung des Stadtklimas.

Solch eine Unternehmerinitiative ist einzigartig und wird vermutlich auch den Fraktionen im Gemeinderat den Wind aus den Segeln nehmen, die die Schliessung der Zerrennerstrasse schon seit Jahren blockieren. Wirtschaft ist nicht gleich Auto, das erfordert Umdenken. Wir wünschen dem Projekt Z viel Erfolg. Wir hoffen, dass der Denkprozess im Gemeinderat beschleunigt abläuft und dass die Stadtverwaltung nun bald aktiv wird, im Sinne einer einladenden und lebensfreundlichen Innenstadt.

(Preismotiv © Stadt Pforzheim, Koordinierungsstelle Familienfreundliche Stadt / Montage Critical Mass Pforzheim)

Wir haben zusammen mit unseren Kooperationspartnern und allen treuen Aktionsteilnehmer*innen mit unserem Projekt Kidical Mass den „Familienfreundlichkeitspreis 2021“ der Stadt Pforzheim eingefahren! Hier der Film, der unsere Aktion erklärt.

Die Initiatoren haben es mit zähem Engagement geschafft, mittlerweile zur Stimme der Fahrradfahrer und des Radverkehrs zu werden. Sie sind im politischen Raum etabliert und gut vernetzt.

Carola Pigisch, Koordinierungsstelle Familienfreundliche Stadt, zur Verleihung des „Familienfreundlichkeitspreis 2021“ an unsere Initiative Critical Mass für das Projekt Kidical Mass

Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung und betrachten den Preis als Anerkennung für unseren stetigen Einsatz für bessere Radwege und mehr Sicherheit für kleine und auch große Radfahrer*innen in Pforzheim.

Der Familienfreundlichkeitspreis ist mit 2.000 Euro dotiert und gibt unserer rein ehrenamtlich getragenen Initiative nun wertvollen zusätzlichen finanziellen Spielraum. Wir haben für die Verwendung des Preisgelds schon verschiedene Ideen und freuen uns darauf, uns in den nächsten Monaten gemeinsam mit euch noch tatkräftiger für die Belange junger Radfahrer*innen engagieren zu können.

Mit ihrem Einsatz für eine bessere Fahrrad-Infrastruktur in Pforzheim agieren sie im Sinne von Familien und vor allem Kindern.

Carola Pigisch, Koordinierungsstelle Familienfreundliche Stadt, zur Verleihung des „Familienfreundlichkeitspreis 2021“ an unsere Initiative Critical Mass für das Projekt Kidical Mass

Kann die Verkehrswende mithilfe des Fahrrads geschafft werden?

Dieser Frage geht NDR-Reporter Güven Purtul in der toll gemachten Doku „Vorfahrt für’s Fahrrad?“ nach. Der Dokumentarfilm ist am 08.11.2021 im Rahmen der ARD-Themenwoche „Stadt.Land.Wandel“ gezeigt worden. Er informiert aufschlussreich darüber, wie es in Deutschland um die Radverkehrsinfrastruktur bestellt ist, wer die „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010)“ herausgibt und warum aus Perspektive von Radfahrer*innen nicht jede ERA-Empfehlung unbedingt zu empfehlen ist.

Wer den Film gesehen hat, kann nachvollziehen, warum wir uns in Pforzheim entlang der Hauptverkehrsachsen schon länger für baulich getrennte Radwege stark machen.

Wenn da die Türe aufgeht, habe ich ein Problem. Dann muss ich ausweichen auf die Straße und bin mit den Kindern sofort der Gefahr ausgesetzt.

Familienvater Sebastian Dietrich in „Vorfahrt für’s Fahrrad?“ zu aufgemalten sogenannten Radschutzstreifen auf der Fahrbahn.