Bewegung ist in Covid-19 Zeiten enorm wichtig. Dabei dürfen sich die Menschen nicht zu nahekommen, um Infektionsgefahr zu vermeiden. Angesichts der Corona-Krise ist deutlich weniger Autoverkehr in der Stadt vorhanden. Gleichzeitig soll der Einzelhandel schrittweise wieder die Türen öffnen.

Deshalb forderten Aktivisten der Critical Mass Pforzheim in einer Pressemitteilung mehr Platz für aktive Mobilität und die temporäre provisorische Reservierung von Autofahrspuren für Fußgänger*innen und/oder Radfahrer*innen in der Pforzheimer Innenstadt.
Folgende Reservierungen für Fußgänger*innen und/oder Radfahrer*innen schlug die Critical Mass Pforzheim vor (Siehe die Abbildung oben).

  • Eine Spur in jede Richtung für Fahrradfahrer*innen auf dem Innenstadtring und auf der Deimlingstraße temporär freigeben.
  • Temporäre Sperrung der Zerrennerstraße und der Rossbrücke für den normalen Autoverkehr. Freigabe nur für Bus, Radfahrer*innen und Fußgänger*innen.
  • Temporär zur Fahrradstraße erklärt werden die Ebersteinstraße als Teil der Nord-Süd-Achse, die Jörg-Ratgeb-Straße, die Dillsteiner Straße und die Bleichstraße im Sedanviertel.

Immer mehr Städte weltweit schaffen jetzt temporäre geschützte Radfahrstreifen – kurz: Popup-Radwege. Die kolumbianische Stadt Bogotá hat es vorgemacht, Oakland in Kalifornien hat dies ebenfalls gemacht. Berlin schafft immer mehr temporäre Radspuren und hat gezeigt, dass Popup-Radwege quasi über Nacht möglich sind. Köln hat bereits damit begonnen, ganze Straßenzüge für Fußgänger zu öffnen. Das muss in Pforzheim auch möglich sein!

Aktive Mobilität per Fahrrad ist nicht nur gesund (es senkt den Blutdruck, stärkt die Lunge und macht damit widerstandsfähiger gegen Viren): um das Infektionsrisiko im ÖPNV zu senken, sind schon viele Pforzheimer*innen auf das Rad umgestiegen und schaffen Sicherheit für die, die keine Alternative zu den Öffentlichen haben.

Die Critical Mass Pforzheim appellierte an Oberbürgermeister Boch und die politisch Verantwortlichen, schnellstmöglich Pop-up-Radwege in Pforzheim umzusetzen.

Der VCD Pforzheim/Enz e.V. und der ADFC Kreisverband Pforzheim-Enzkreis unterstützen diese Forderung der Critical Mass Pforzheim.

Pressemitteilungen und Publikationen der beiden Verbände zu dem Thema finden Sie hier:

VCD Pforzheim / Enz e.V.: https://bw.vcd.org/startseite/detail/news/fahrspuren-fuer-radfahrer-freigeben/

ADFC: https://www.adfc.de/dossier/dossier-radfahren-in-zeiten-von-corona/

Nach einem Unfall an der Kreuzung Enztalradweg / Deimlingstraße brachte unsere Kundgebung einen Ball  ins Rollen. Wir forderten eine sichere Ausgestaltung der Radwegquerung. Zuletzt fand eine Besichtigung im Rahmen eines vor Ort Termins mit Beteiligten der verschiedenen Ämter statt. Anlässlich dessen meinte der Vertreter des Amts für öffentliche Ordnung, dass ein Zebrastreifen an dieser Stelle die Fußgänger nur in falscher Sicherheit wiegen würde.

Das muss ein überzeugendes Argument gewesen sein, denn seitdem ist bis 2023 nichts mehr passiert.

In Holland ist Radkultur schon seit langem etabliert. Unter dem Motto „Stoppt den Kindermord“ wurde bereits in den siebziger Jahren systematisch der innerstädtische Autoverkehr zurück gedrängt, mit dem Ergebnis, dass dort jetzt sieben Räder parken wo früher ein Auto parkte und dass dementsprechend mehr Menschen in den Innenstädten unterwegs sind. Schön dokumentiert ist das in hier. Ebenfalls auf Arte: „Fahr Radikal“ – eine Serie über Radkultur.

Bereits 2012 schaffte die Stadt Pforzheim im ADFC Städteranking den letzten Platz. Im Anschluss daran ist einiges passiert, darunter die Freigabe vieler Einbahnstrassen für den Radverkehr und die Markierung eines Fahrradstreifens auf der Östlichen. In 2018 sind wir nach einem kurzen Zwischenspurt fast wieder ganz hinten im ADFC Ranking angelangt.

Reicht es, dass der Gemeinderat nun vorsichtige erste Schritte in Richtung Fahrradfreundlichkeit getan hat? Urteile selber: Bis Ende November 2020 findet erneut ein ADFC Fahrradklima-Test statt.

Die Kreuzung Heinrich-Wieland-Allee / Hohenzollernstraße ist ein wichtiger Knotenpunkt auf der Nord-Süd-Achse. Die aktuell vorhandene Planung von 2015 sieht nicht zumutbare Fahrradstreifen mitten zwischen den Autofahrspuren vor. Das ist nicht akeptabel. Es ist weder zeitgemäß noch führt es dazu, dass sich ängstliche oder vorsichtige Fahrradfahrer aufs Rad schwingen.
Wir fordern von der Politik einen Ausbau der Kreuzung nach dem holländischen Modell, um eine sichere Querung für alle Fahrradfahrer zu gewährleisten. Diese Kreuzung bietet sich dazu geradwegs an.

In 2023 wurde die Kreuzung in einer vorläufigen Form ohne holländisches Modell umgesetzt: In nord-südlicher Richtung ist es jetzt möglich – wenn man mutig genug ist – auf einem Sandwichradweg zwischen Rechts- und Linkabbiegerspur direkt aus der Heinrich-Wieland-Allee in die Ebersteinstrasse weiterzufahren.

Besonders erstaunlich ist der Verlauf des Enztalradwegs entlang der Bissinger- und der Simmlerstrasse durch eine Shisha Bar (siehe Bild), wo man praktisch während der Fahrt dem Ober die Getränke vom Tablett nehmen kann. Im weiteren Verlauf verläuft sie über den Eingang zum Friseurgeschäft „Barbers“ und durch ein Restaurant. Die Strecke, die offiziell als touristisches Angebot bis Bad Liebenzell angepriesen wird, ist besonders für Fussgänger gefährlich, da der Radweg der Gehweg ist. Es wurde bereits von diversen Unfällen berichtet.

Die Critical Mass führte daher dort unter anderem im Rahmen der Aktion „Ab in den Süden“ eine Intensivbefahrung durch, sowie eine Unterschriftenaktion. Als Reaktion auf die Unterschriftenaktion versprach OB Boch im September 2019 die Verlegung des Enztalradwegs auf die Südseite der Enz.

(der händische Datumseintrag auf dem oben verlinkten Artikel ist ein Jahr zu spät – der Artikel erschien in 2019)

Im Oktober 2023 findet anlässlich der Critical Mass eine Gedenkbefahrung des nach wie vor auf der nördlichen Seite der Enz befindlichen Enztalradwegs statt.